Von Susanne van Veenendaal
Bremen/Hagen im Bremischen. Sie tragen Namen wie "Der herabschauende Hund", "Die Pose des Kindes", "Cobra" und "Krieger" - die Positionen im Yoga. Die körperlichen Übungen sind aber nur ein Aspekt dieser Jahrtausende alten indischen Übungspraxis und philosophischen Lehre. Dazu gehören auch Atemtechniken und Meditation. Und Yoga ist nicht begrenzt auf die eine Stunde im Studio. Es handelt sich vielmehr um eine Lebenseinstellung. Ahimsa, das Prinzip der Gewaltlosigkeit, sorgt dafür, dass viele, die sich dem Yoga verschrieben haben, auch vegan leben. So, wie die Bremerin Anya Naima Wilke, die in Hagen im Bremischen "Die Bewegungsschule - Yoga und Cantienica" betreibt. Mit der Gewalt an Tieren wurde sie als Kind schon früh konfrontiert.
Anya Naima Wilke kann sich noch gut an die Kaninchen erinnern. Als Kind streichelte sie die kleinen Nager, fütterte sie. Doch eines Tages waren die Tiere fort. "Sie wurden getötet und gegessen", erinnert sich die Yoga-Lehrerin. Es war damals nicht das einzige Erlebnis, das sie ratlos und verstört zurückließ. In dem Dorf, in dem sie lebte, gab es viele Bauernhöfe. "Nebenan wurde geschlachtet. Ich habe das Quicken der Schweine gehört", erzählt sie.
"Du isst, was auf den Tisch kommt!"
Was sie irritierte: Gleichzeitig seien die Menschen liebevoll mit den sogenannten Haustieren umgegangen. "Die Katze wird gestreichelt und das Kaninchen wird getötet. Ich habe das nicht verstanden", blickt sie zurück. Natürlich schlug sich diese Mentalität auch in der Ernährung nieder: "Es gab bei uns zu Hause immer mehr Fleisch als Gemüse. Ich musste es essen, obwohl ich mich geekelt habe." Es habe die Devise "Du isst, was auf den Tisch kommt!" geherrscht.
Ihr Ausstieg aus dem Fleischkonsum begann mit gesundheitlichen Problemen. "Ich litt als Jugendliche unter Neurodermitis und Schuppenflechte." Wegen Haut- und Gelenkbeschwerden ging sie zum Arzt. Dieser habe ihr geraten, doch einfach mal das Schweinefleisch wegzulassen. Prompt seien ihre Gelenkbeschwerden verschwunden. Diesen durchschlagenden Erfolg hätten auch ihre Eltern nicht ignorieren können. Anya Naima Wilke durfte fortan Fleisch von ihrer Speiseliste streichen.
Keine Milchprodukte, keine Erkältung
Als sie als junge Frau nach Berlin zog, traf sie in der Tanz-, Theater- und Yogaszene auf viele, die sich ebenfalls vegetarisch oder sogar vegan ernährten. So richtig gesund sei sie dennoch nicht geworden, berichtet sie. "Ich hatte immer noch Hautprobleme und war unglaublich oft erkältet." Rückblickend wisse sie, woran das lag: "Ich habe weiterhin Milchprodukte in rauen Mengen verzerrt." Als sie vor 20 Jahren aufhörte, Milch, Käse, Joghurt und Co. zu essen, sei es ihr sofort besser gegangen. "Ich habe seither zum Beispiel nie wieder eine Erkältung gehabt", berichtet sie.
"Es gab bei uns zu Hause immer mehr Fleisch als Gemüse. Ich musste es essen, obwohl ich mich geekelt habe."
Dennoch stehe eines für sie fest: Vegane Ernährung sei nicht immer automatisch gesund. So sei sie in den ersten Jahren ihrer fleischfreien Zeit in den Eisen- und Proteinmangel gerutscht, weil sie nicht wirklich Ahnung von Nahrungsmitteln gehabt hätte. Man müsse sich schon ein wenig mit dem Thema beschäftigen. Und was für den einen richtig sei, funktioniere bei dem anderen nicht unbedingt, meint Anya Naima Wilke.
Ahimsa-Prinzip lehrt Gewaltfreiheit
Es sei, wie anfangs beschrieben, aber nicht nur der gesundheitliche Aspekt, der sie zu einer veganen Lebensweise gebracht habe. Ihr Gefühl, dass man andere Lebewesen nicht einfach töten und essen dürfe, wurde durch eine der Grundregeln im Yoga, dem Ahimsa-Prinzip, bestätigt. Es lehrt die Gewaltfreiheit gegenüber anderen, sich selbst - und auch gegenüber Tieren.
Durch das Yoga habe sie auch die ayurvedische Küche entdeckt. "Das war für mich eine Offenbarung", sagt die Bremerin. "Diese Ernährungsweise besteht aus vielen frischen Zutaten, viel Gemüse und man bereitet viel selbst zu." Die mehr als 5000 Jahre alte Heilkunde Ayurveda unterscheidet zwischen den drei Doshas Vata, Pitta und Kapha. Die Menschen werden diesen drei Kategorien je nach eigener Konstitution zugeordnet. "Ich zum Beispiel bin Pitta, und habe meisten zu viel Energie und viele Emotionen", verrät die 53-Jährige. Die Ernährung müsse dem eigenen Typ angepasst werden. Ihr Frühstück sei stets warm und bestehe zumeist aus in Öl angedünsteten Gewürzen wie Zimt und Anis, Hirse oder Buchweizen , Hafer- oder Mandelmilch sowie ein bisschen Obst. Mittags greife sie oft auf Dals zurück, die sich aus Hülsenfrüchten, Gemüse und Gewürzen zusammensetzen. Abends kämen in der Regel Gemüsesuppen auf den Tisch.
"Blutwerte sind super"
Dass diese Kost ihren Körper mit allem Wichtigen versorge, zeigten unter anderem auch die Bluttests, die sie jedes Jahr machen lässt. "Meine Werte sind immer super", sagt sie. Allerdings supplementiere sie auch. Das heißt, sie nimmt Nahrungsergänzungsmittel ein. Dazu gehören für sie das Vitamin B12, Magnesium und Kapseln mit Omega-3-Fettsäuren.
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